Konrad Jablonski ist seit dem Sommer 2020 neuer Erster Bevollmächtigter und Geschäftsführer der IG Metall Paderborn. Wir fragten ihn zur „Corona-Lage“ in den Betrieben und wie es weiter geht. Ein Teil des Interviews ist auf der Paderborner Lokalseite der Metallzeitung von Dezember 2020 abgedruckt.
Wie trifft der begrenzte Lockdown die Kolleginnen und Kollegen?
Die Auswirkungen sind nicht so gravierend, wie beim „großen“ Lockdown im Frühjahr. Schwierig ist es natürlich immer dann, wenn es in einem Betrieb oder der Familie Coronafälle gibt oder Kolleginnen und Kollegen in Quarantäne geschickt werden. Viele Unternehmen bilden Schichten, so dass im Ernstfall nicht die ganze Belegschaft in Quarantäne kommt. Vor allem Beschäftigte aus den Bürobereichen oder der Entwicklung können vorsichtshalber von zu Hause arbeiten.
In Unternehmen mit aktiven Betriebsräten wird außerdem sehr viel für den Gesundheitsschutz getan, das ist oft vorbildlich. Und was mich besonders freut: Immer mehr Menschen erkennen, wie wichtig in schwierigen Zeiten eine gute Zusammenarbeit und Vertretung im Betrieb ist, so werden wir hoffentlich bald mehr Betriebsräte haben als noch vor Corona.
Wie sieht es in den Betrieben unserer Branchen zur Zeit aus?
Da ist sehr unterschiedlich. Insgesamt ist die Unsicherheit, wie es weiter geht natürlich groß. Hier in der Region ist deutlich „Licht am Ende des Tunnels“ zu sehen, die Kurzarbeit geht immer weiter zurück. Und wir dürfen vor allem nicht vergessen, auch ohne Corona hätte es in manchen Betrieben Probleme gegeben. Themen wie Digitalisierung oder E-Mobilität oder auch strukturelle Probleme sind ja nicht plötzlich vom Tisch.
Macht während der Corona-Pandemie eine Tarifrunde überhaupt Sinn?
Ja, natürlich. Verdi hat gezeigt, dass es selbst im öffentlichen Dienst sinnvoll ist, auch in Corona-Zeiten für mehr Anerkennung und höhere Einkommen zu streiten. Viele Beschäftigte hatten durch die Coronakrise oft monatelange Kurzarbeit und dadurch erhebliche Einbußen. Alle wissen, der private Konsum ist stark geschrumpft, was wesentlich den aktuellen Einbruch der Wirtschaft verursacht hat. In diesem Jahr hatten wir gar keine Tariferhöhung, und im Jahr davor gab es zwar den sehr erfolgreichen „T-ZUG“ in Geld oder freien Tagen, aber der ist ja keine tabellenwirksame Erhöhung.
Wir wollen jedoch mehr als nur Geld. Die Beschäftigten brauchen vor allem Sicherheit für ihre Arbeitsplätze. Die Kurzarbeit läuft früher oder später aus. Dann brauchen wir als Beschäftigungssicherung u.a. flexible Arbeitszeitregelungen mit einem Teilentgeltausgleich, wie z.B. eine Vier-Tage-Woche als betriebliche Option. Zum anderen brauchen wir künftig zunehmend Zukunfts- und Transformationstarifverträge. Darin sollen konkrete Investitionen in die Standorte und Qualifizierungstrategien festgeschrieben werden, damit alle Beschäftigten beim digitalen Wandel zu Industrie 4.0 mitgenommen werden können und die Qualität der Arbeitsplätze erhalten bleibt.
Wie läuft dann die Tarifrunde ab?
Während diese Zeitung im November entsteht, wird unsere konkrete Tarifforderung erarbeitet. Ab Mitte Dezember gibt es dann die ersten regionalen Verhandlungen. Die Friedenspflicht in der Metall- und Elektroindustrie endet beim Entgeltabkommen Ende Januar 2021 und bei den bisherigen Regelungen zur Beschäftigungssicherung Ende Februar 2021. Also Zeit genug, um in Verhandlungen ein zeitgemäßes Ergebnis zu bekommen. Hoffentlich mauern die Arbeitgeber nicht und sind sich Ihrer Verantwortung bewusst. Ich bin mir aber sicher, dass unsere Kolleginnen und Kollegen so etwas nicht durchgehen lassen werden. Wenn wir zusammenhalten, kann uns eine Menge gelingen!
Welche Ziele hast Du Dir für die kommenden vier Jahre gesetzt?
Die IG Metall muss weiter aktiv und sozial die Transformation unserer Gesellschaft, also den digitalen Wandel mitgestalten, damit von unseren Kolleginnen und Kollegen niemand auf der Strecke bleibt. Mit „IT’s OWL“ und vielen anderen Kooperationen sind wir hier schon ganz gut, aber da gibt es noch viel mehr Möglichkeiten. Die IG Metall will Betriebsräte und Vertrauensleute im Rahmen des Programms „IG Metall vom Betrieb aus denken“ dazu qualifizieren, Veränderungen begleiten zu können und das Programm „Arbeit 2020+“ unterstützt beim Erkennen und Gestalten der Digitalisierung. Das wollen wir auch in den Kreisen Paderborn und Höxter nutzen.
Wichtig ist aber auch, dass die Zahl der Betriebe, die ohne Abweichungen die Flächentarifverträge anwenden, wieder gesteigert wird, und insgesamt mehr Betriebe und unsere Mitglieder dort eine Tarifbindung bekommen.